Auf der Suche nach den mineralogischen Schätzen der Schweiz, Teil 1

David Brunner


Zwischen sehr alpinen Ausflügen und ruhigeren Spaziergängen in Wäldern oder an Flussufern gibt es unzählige Gesteine, von denen eines schillernder als das andere ist und die man mit einem geschulten Auge in unserer Gegend entdecken kann. Da sie mit Respekt für Mensch und Natur abgebaut und bearbeitet werden - Eigenschaften, die den
geschliffenen Steinen, die man gewöhnlich in den Regalen der Händler findet, nur allzu oft fehlen - möchte ich Ihnen hier einige Geschichten über die Steine erzählen, die ich persönlich entdeckt habe, um sie Ihnen näherzubringen.

Wie alles begann

Kurze Rückblende: es war Ende 2020 als ein befreundeter Strahler zu mir sagte: «Komm nach Grindelwald, ich muss dir etwas zeigen». Er schlug mir vor, auf die Suche nach den berühmten Pyritschiefern zu gehen. Die pyrithaltigen Knollen sind in Tongesteinen des Aaleniums entstanden und heute findet man sie im Bachbett flussabwärts, nachdem Mutter Natur auf natürliche Weise die schönsten Exemplare ausgewählt hat. Ich ahnte nicht, welch wunderbare Welt sich mir, einem kleinen, aber leidenschaftlichen Hobbystrahler, eröffnen würde.

Ob in Flüssen, auf Feldern, in Steinbrüchen, auf Almstraßen oder in Felsvorsprüngen - die Spielwiese für die Entdeckung neuer, interessanter Exemplare scheint unbegrenzt zu sein.

Der Pyritschiefer von Grindelwald – Synonym für die Entdeckung
einer neuen Welt.

Die ersten Schmuckstücke werden angefertigt, Grindelwaldstein.

Ebenso wie die Vielfalt der Steine, die sich den empfänglichen und «geschärften» Augen des Strahlers offenbaren, der nun zum Kunsthandwerker wird.

Es gibt auch eine grosse Vielfalt an farbigen Mineralien in Edelsteinqualität, die geschliffen werden können, wie Titanite, Axinite, Epidote, Granate, Aquamarine, Smaragde und Fluorite, sowie Bergkristalle mit verschiedenen Einschlüssen. Aber das ist eine andere Geschichte, bleiben wir in diesem Artikel bei der Entdeckung von schönen Rohsteinen und -Mineralien.

Hier meine Auswahl:

Lazulith

Nicht zu verwechseln mit Lasurit – einem Bestandteil von Lapislazuli - wie es oft und manchmal sogar in der Literatur
der Fall ist. Der Name und die Farbe ähneln sich zwar, haben aber chemisch und etymologisch nichts miteinander zu tun. 

Weltweit gibt es nur wenige Vorkommen, und nur die Lazulite des Stockhorns besitzen, zumindest in meinen Augen, einen solchen Farbton. Er wurde kürzlich in der Februarausgabe 2022 des «Schweizer Strahler» beschreiben und kurz im «Règne Minéral» (Nr. 172 von Juli-August 2023) erwähnt. 

Es handelt sich um ein legendäres Mineral, von dem ich 2022 eine neue Ader entdecken konnte, aus der ich einige hundert Kilo von aussergewöhnlicher Qualität gewinnen konnte, manchmal gemischt mit Bearthit, grünlich-gelbem Adular in großen Anteilen oder sogar, wie es scheint, mit Epidot, sowie einem anderen glimmerartigen und fluoreszierenden Mineral. Auch einige dunkelblaue Punkte können beobachtet werden.
Es könnte sich um kristallisierten Lazulith handeln, was in diesem Fall aussergewöhnlich wäre.

Der Fund war nicht selbstverständlich, da einige Leute schon seit Jahrzehnten danach suchten. Nachdem ich jedoch ein gutes Dutzend Mal in dem bereits referenzierten Gebiet hinaufgestiegen bin, war mir das Glück hold.

Zunächst habe ich die Geröllhalden unterhalb der alten Fundstelle nach kleinen Stücken abgesucht, die den früheren
Strahlern durch die Lappen gegangen sind. Nachdem ich alle Aufschlüsse in diesem Gebiet immer und immer wieder
abgesucht hatte, schien es so als ob das Gebiet endgültig erschöpft war und dass Lazulit nunmehr eine Legende der
Vergangenheit ist.

Aber bevor ich wieder hinunterging, musste ich noch eine letzte Runde drehen.
Da stach mir ein grosser Block ins Auge, an dem ich schon oft vorbeigekommen war. Ich dachte mir: «Schau trotzdem mal nach». Und als ich mich bückte, um ihn von allen Seiten zu betrachten, blieb mir das Herz stehen. Blau! Mein Gott, blau!
Es war kein grosser Fund, und als wäre dieser Block für mich bestimmt gewesen, hatte ihn erstaunlicherweise niemand vorher bemerkt. Aber er ermöglichte mir, zwei oder drei Kilo mehr oder weniger bläulichen Stein in den Sack zu stecken.
Diese utopische Suche, die mir unmöglich erschien, wurde zum Leben erweckt! Damals dachte ich nicht, dass dies
erst der Anfang war und es die Entdeckung meines Lebens werden würde.

Der Beginn der Lazulithader am Stockhorn.

Als ich einige Zeit später wieder zurückkehrte, bemerkte ich plötzlich ein bläuliches Schimmern im Fels. Wieder blieb mir das Herz stehen ... die Ader ging weiter!

Zunächst enthielten die grossen Blöcke nur wenig Lazulith, aber dann tauchten riesige Knollen auf. Eine Knolle wies einen Durchmesser von etwa dreissig Zentimetern, eine Länge von etwa vierzig Zentimetern und ein Gewicht von etwa 50 Kilogramm auf. Danach folgte ein Monster von unglaublichen Ausmassen, das gut 200 bis 300 kg gewogen haben muss.

Noch heute kann ich die Emotionen und die Dankbarkeit die mich damals ergriffen haben kaum beschreiben; ein Traum der sich erfüllt!

Glücklicher Strahler!

Ich möchte noch anmerken, dass ich das vorgängig etwas zerkleinerte Material auf meinem Rücken hinuntergetragen habe und derzeit noch hinuntertrage, und nicht mit dem Helikopter. Da ich ausschliesslich mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs bin, hätte der Helikopter keinen Sinn gemacht.

Und er hätte vor allem nicht die vielen Erinnerungen ermöglicht, die durch die manchmal danteske Rückkehr auf
den Gornergrat entstanden sind - inmitten der höchsten und majestätischsten Gipfel der Schweiz, mit einem Rucksack voller Schätze und einem Leuchten in den Augen!

Ein Stück der grössten gefundenen und ausgestellten
Lazulithknolle bei Mineral&Gem 2023.

Allalin-Gabbro (Smaragdit, Jadeit)

Ein Gestein, wie das vorherige, das von Steinschleifern sehr geschätzt wird. Er stammt vom Allalinhorn, welches sich fast vollständig daraus zusammensetzt. Der Allalin-Grabbro besitzt unendlich viele Farbvariationen, da er aus Dutzenden von Mineralien besteht. Ich finde auch, dass er eine grosse Heterogenität aufweist.

Es handelt sich um einen Saussurit (Meta-Gabbro), der weltweit nur selten vorkommt. Meines Wissens kann man ihn
nur am Monte Viso (Italien) ausserhalb des Allalins zu finden.Smaragdit ist der Spezialname für diese Saussurite oderAllalin-Gabbros, wenn das Gestein grünen Omphacit enthält, der aufgrund seines Chromgehalts eine smaragdgrüne Farbe hat und manchmal einen angenehmen Schimmer aufweist. Jadeit ist ein Bestandteil dieser Saussurite. 

Wenn das Gestein hauptsächlich aus Jadeit besteht, kann er auch so genannt werden. Es ist jedoch nicht korrekt, ihn so zu bezeichnen wenn das nicht der Fall ist – so wie manche das tun.

Diese beiden Gabbro-Varianten des Allalin sind sehr bekannt und werden gelegentlich von Goldwäschern und anderen Liebhabern schöner Steine aus den Flüssen am Jurasüdfuss von Genf bis Oensingen (SO) «gefischt», wie ich es selbst in der kalten Jahreszeit tue. Sie wurden vom Rhonegletscher transportiert.

Smararagdit, «gefischt» aus dem Fluss unterhalb
von Mattmark.

Frisch geschliffene Steine.

Allondon-Jadeit (GE).

Simmentaler Marmor und andere Marmore

Wie bei vielen Gesteinen, die als Marmore bezeichnet werden, handelt es sich nicht um Marmor im geologischen Sinne, sondern häufig um Kalksteinbrekzien.

Der Begriff Marmor wurde von Marmorhändlern geprägt, um einen Kalkstein zu definieren, der in der Marmorindustrie genutzt werden kann.

Beim Simmentaler Marmor handelt es sich wahrscheinlich um einen gewürmelten Kalk, dessen Risse mit Ton
 verfüllt wurden und der schwarzen Matrix gelbe, orange, rosa und rote Farbtöne verleihen. Dasselbe Gestein findet sich auch westlich des Dorfes St-Triphon im waadtländischenChablais beim ehemaligen Steinbruch von Fontenailles. Die farbigen Adern sind dort jedoch oft zu fein, um beim Polieren hervorzustechen.

Marmor aus dem Simmental mit unglaublichen Farben
und Mustern.

Der Marmor von Arzo (TI) mit seinen gelben, orangen und rosafarbenen Tönen erinnert an die Sonne des Südens.

Marmor aus Arzo (TI), roh und poliert.

Der Stein von St-Léonard (VS).

Wunderbar bearbeiteter «Neuenburger
Marmor»
.

Der rote Jaspismarmor von Roche (VD) mit seinen braunen, roten und gelben Farbtönen ist in der Bausubstanz eines Grossteils des Bahnhofs von Lausanne zu finden.

Der Grindelwald-Marmor hingegen hat rosa-rot-braune oder sogar grüne Farbtöne. Ich persönlich habe eine gelbe, orange und rosa gefärbte Kalksteinbrekzie als «Neuenburger Marmor» bezeichnet, die ich zufällig am Wegesrand in den Schichten des Kimmeridgium der Goldberg-Formation finden konnte.

Die Geschichte dieser Entdeckung ist ziemlich launenhaft. Ursprünglich wollte ich im Frühjahr 2021 einen alten, verlassenen Steinbruch in der Nähe von Villiers (Val de Ruz) aufsuchen, aber angesichts der noch vorhandenen Schneemengen musste ich dieses Vorhaben auf später verschieben. Ich nutzte die Gelegenheit, vor Ort zu sein und dachte mir: «Dann kann ich auch gleich wieder nach Neuenburg hinunterlaufen und mit meiner Hündin spazieren gehen».

Bei diesem Spaziergang auf dem Weg zur Seyon-Schlucht erregte ein zerklüfteter, gelblicher Kalkstein mit Rosa- und
Orangetönen meine Aufmerksamkeit. Ich hatte gerade diese Brekzie entdeckt und beschloss sie, wie bereits erwähnt, «Neuenburger Marmor» zu nennen.
Dasselbe Gestein, jedoch mit graueren Farbtönen, wurde in der gleichen Formation an der Stelle eines alten Trichters im Lac des Brenets gefunden.

Es gibt jedoch einige echte Marmore in der Schweiz, wie den Peccia- (oder Cristallina-) Marmor im Tessin, der bis heute abgebaut wird. Oder der sehr berühmte Cipollin-Marmor aus Saillon im Wallis, der während seiner Blütezeit in alle vier Himmelsrichtungen exportiert wurde. Die Freunde des Marmors von Saillon halten die Erinnerung an eine längst vergangene Zeit wach und organisieren Besuche im Steinbruch sowie eine Ausstellung und Tage der offenen Tür in ihrem Museum in Saillon, wo man den Marmor in verschiedenen Formen bewundern kann. Weitere Informationen: www.aam-saillon.ch

Der berühmte Cipollin-Marmoraus Saillon (VS), aus dem Steinbruch
geholt und poliert.

Rhodonit und rosafarbener Kalkstein von Splügen (GR)

In der Schweiz gibt es einige Vorkommen von Rhodonit. Die bekanntesten sind jene auf der Alp Flix, in Furtschella und in Splügen in Graubünden.
Ich beschloss, nach Splügen auf die Tanatzalp zu fahren, um zu versuchen, den schönsten von ihnen zu finden.
Vor Ort wurde ich mit der Entdeckung von pastellrosa Steinen auf dem Weg zur Alm konfrontiert. Ich hatte ein seltsames Gefühl: es ist rosa, aber kein Rhodonit – was konnte das sein?

Rhodonit frisch aus der Erde!

Später konnte ich erfahren und herausfinden, dass es in Chalkberg rosafarbenen Kalkstein gibt und dass die Gemeinde sich in der Rinne, in welcher dieses Gestein herunterkommt, bedient und es auf den Almstrassen verteilt, damit diese nicht schlammig werden.

Splügener Rosenkalkstein.

Was den Rhodonit betrifft, den ich dank einer sehr guten Nase und einer gewissen Portion Glück in grossen Mengen
auf der Tanatzalp entdeckt habe, so handelt es sich um den Rest einer Gletschermoräne, die auf einer Länge von etwa 100 Metern von Wiesen bedeckt ist und deren ursprüngliche Herkunft nie geklärt werden konnte. 

Das begehrte Gestein besteht aus einer Ansammlung von Mineralien auf Manganbasis. Rhodonit, der in tiefen, perfekten Rosatönen vorkommt, mischt sich mit gelbem Spessartin, weißem Manganocalcit,
schwarzem Braunit, grauem Tephroit und manchmal sogar mit dunkelrosa farbigem Rhodochrosit. Er kommt in typischen schwarzen Steinen vor, die man aufbrechen muss, um die im Inneren verborgenen Überraschungen zu entdecken.

Rhodonit aus Splügen roh und verarbeitet

Schlussfolgerung Teil 1

Da die Vielfalt der Gesteine, die sich meinen geübten Augen bietet, zu gross ist, finden Sie die Fortsetzung meiner Wanderungen als leidenschaftlicher Mineraloge im Teil 2!

Dieser Erlebnisbericht wurde in der Zeitschrift "Schweizer Strahler" 04/2023 publiziert. Veröffentlichung mit freundlicher Erlaubnis des Verfassers.

David ist auch auf Instagram aktiv, auf seinem Account www.instagram.com/swiss.gemstones/ werden tolle Steine und aktuelle Funde präsentiert.